Sich ein Dorf ohne Vereinsleben vorzustellen, ist kaum möglich. Bereits unsere Groß- und Urgroßeltern wirkten in Gesangs-, Turn- oder Fußballverbänden mit. Hinzu kommt die lebensrettende Arbeit der freiwilligen Feuerwehr, von Männern und heute auch Frauen, die viel Zeit und Engagement in ihr Ehrenamt stecken, um unseren Alltag sicherer zu machen.
Gründung des Turnvereins im Jahre 1909
Wie es zur Gründung des Puderbacher Turnvereins kam, berichtet die 1959 zum 50jährigen Bestehen erschienene Festschrift. Darin heißt es:
„Im Jahr 1909 ging vom damaligen Bürgermeister Ermisch die Initiative aus, in Puderbach einen Turnverein zu gründen. Begeisterte Helfer sammelten in Puderbach und Reichenstein Unterschriften und am 19. Mai kam es zu der Gründungsversammlung, die in den Räumen der Gastwirtschaft Weber, unter dem heutigen Tanzsaal, stattfand. In dieser ersten Versammlung waren folgende Turnbegeisterte anwesend: E. Fetz, Fr. Schneider, Wilh. Bremer, Adolf Aron, Lehrer Siegel, Lehrer Lamberti, Adolf Engers, W. Schneider III, Otto Starrmann, Karl Müller, Karl Bay, Berthold Bär, Willi Eich, Ewald Schlichting, Albert Bär, Friedrich Dorr, Wilh. Schäfer, Ernst Siegel, Fritz Brauer, Peter Hermanny, Ewald Lamberti, Otto Rosenberg, Wilh. Ramseyer, Oskar Frohn, Dr. Sneider und Bürgermeister Ermisch. … Im Gründungsjahr 1909 traten noch folgende Mitglieder ein: Heinrich Schäfer u. Gustav Bay. … Die ersten Turnstunden wurden in der alten Schule abgehalten, die später abgerissen wurde. Der Besuch der Turnstunden war gut. An Geräten war nur ein Barren vorhanden, der durch eine Sammlung und durch einen Zuschuß der Gemeinde gekauft werden konnte. Eine Fußmatte fertigten sich die Turner aus alten Säcken an. Bei den Turnern entwickelten sich gute Kräfte, die schon nach kurzer Tätigkeit an turnerischen Wettkämpfen teilnahmen und manche Preise mit nach Hause brachten. Aber auch die Leichtathletik wurde nicht vernachlässigt. An den Sonntagen wurden leichtathletische Wettkämpfe ausgetragen. Der Verein wurde immer reger.“
Wie man an der Auflistung der Gründungsmitglieder sieht, waren die jüdischen Einwohner völlig integriert und fester Bestandteil des Dorflebens.
Erstes Vorturnen
Zur Einweihung des Kriegerdenkmals für die gefallenen Soldaten des Deutsch-Französischen Krieges am 31. August 1913 bekommt der Turnverein zum ersten Mal die Gelegenheit, sein Können unter Beweis zu stellen.
Fußballclub Komet
Vermutlich im Jahr 1911 gründen im Gasthof Hümmerich Mitglieder des Turnverbands einen eigenständigen Fußballverein, der seinem Namen dem 1910 am Sternenhimmel zu sehenden Kometen „Halley“ zu verdanken hat.
Die Bedingungen für ein gelungenes und erfolgreiches Fußballspiel sind mehr als schlecht. Nicht nur, daß man über keine Tore und keine vernünftigen Sportschuhe verfügt. Der Platz zum Spielen gleicht eher einer Wiese und liegt an der heutigen Mittelstraße. Als das Geschäftshaus Udert an dieser Stelle gebaut wird (heute Filiale Volks- und Raiffeisenbank), bekommen die Kicker einen völlig verwilderten Grünstreifen auf dem Felsen zugewiesen. Nur durch tatkräftigen Einsatz der Sportbegeisterten, kann man das Stück Land in einen bespielbares Feld verwandeln.
Der Turnverein in den Zwanziger und Dreißiger Jahren
Nach dem 1. Weltkrieg, die Mitgliederzahlen sind um mehr als die Hälfte gesunken, erlebt der Turnverein durch seinen neuen Vorsitzenden Julius Hülpüsch einen ungeahnten Aufschwung. Es gelingt ihm, Gelder zur Anschaffung besserer Ausrüstung und zum Ausbau des Sportplatzes zu organisieren. Es kommt auch zu personellen Veränderungen, denn der langjährige Vorturner Gustav Bay wird nach einem Schlüsselbeinbruch durch den aus Selters stammenden Albert Pangert ersetzt. In diesen Jahren gründet sich auch eine eigene Frauenriege. Die Turner machen dem Verein alle Ehre, indem sie etliche Bezirksturnfeste besuchen und dabei zahlreiche Preise und Medaillen erringen.
Aus Fußballclub Komet wird Schwarz-Weiß Puderbach
Im Jahr 1920 löst sich der Fußballclub Komet auf. Auf Initiative des Turners Gustav Bay entsteht aus interessierten Turnmitgliedern ein eigener Verband von Fußballspielern. Im Laufe der Jahre werden sie sich unter dem Namen „Schwarz-Weiß Puderbach“ als eigenständigen Fußballverein zusammentun.
Festumzüge
Die nächsten fünf Fotografien sind bei einem der Feiern des Turn- und Fußballvereins um 1933 entstanden. Zu den Festumzügen waren auch Vereine aus der Umgegend eingeladen und eine Blaskapelle sorgte für gute Laune. Vermutlich waren die Feierlichkeiten mit Turnvorführungen, Freundschaftsspielen und anschließendem Tanz im Weberschen Saal verbunden (Heydorschs).
Dunkles Kapitel
Zu einen der traurigsten Kapitel gehört die Ausschließung der jüdischen Mitbürger aus den Sportvereinen. Der Dachverband der Deutschen Turnerschaft verfügt bereits im April 1933 die Aufnahme des Arierparagraphen in ihre Satzung. In Puderbach ist davon mit Gewissheit die Familie Wolff betroffen, der Vater Hermann und seine beiden Kinder Ilse und Günther. Vermutlich betrifft es auch einige ehrenamtliche Mitglieder, wie möglicherweise Adolf Aron oder Albert Bär, die zu den Vereinsgründern gehören. Das untenstehende Foto gibt ein beredtes Zeugnis, wie aus früheren Vereinskameraden Jäger und Gejagte werden.
Zweiter Weltkrieg und Nachkriegsjahre
Während des 2. Weltkriegs kommt das Vereinsleben fast völlig zum Erliegen. Die meisten jungen Männer der Fußballer und Turner sind eingezogen worden. Viele von ihnen kehren nach 1945 nicht mehr zurück, da sie auf den Schlachfeldern gefallen sind.
Von den beiden Sparten des Vereins kommen zunächst nur die Fußballer zu Spielen auf dem Puderbacher Sportplatz zusammen. Dafür haben die jungen Frauen des Dorfes eine eigene Handballriege gegründet, eine Sportart, die sich schon damals großer Beliebtheit erfreute.
Aus welchen Gründen sich der Verein 1951 komplett auflöst, ist mir leider nicht bekannt. Erst am 31. Oktober 1953 wird in einer Gründungsversammlung im Gasthof Weber der neue Verein, die Sportfreunde 09 Puderbach e.V., aus der Taufe gehoben. Gleich zu Beginn treten 57 Mitglieder dem Verband bei. Die Sportmöglichkeiten umfassen nun Fußball, Turnen in einer Männer- und Frauenriege, Tischtennis, Leichtathletik und Schach.
Zum Schluß soll der Gewinn der Fußball-Kreismeisterschaft in den Jahren 1956/57 besondere Erwähnung finden. Zu den Männern, die den Sieg erringen, gehören Heinz Abel, Ludwig Flatt, Ludwig Greb, Wolfgang Höhner, Herbert Meißner, Emil Schneider, Wilfried Schumacher, Gerd und Reinhard Templin, Siegfried Tiede und Viktor Wias.
Um 1920 gründet sich ein Verein mit dem wunderbaren Namen „Volldampf Puderbach“, dessen Mitglieder leidenschaftliche Pfeifen-, Zigarren- und Zigarettenraucher sind. Die meisten Mitwirkenden stammen aus den Ortschaften Richert und Reichenstein. Nur zwei kommen aus Puderbach selbst.
Gründung der Freiwilligen Feuerwehr 1890
Wie bereits an anderer Stelle erwähnt, gründet mein Ururgroßvater Friedrich Sanner, der ab 1888 Gemeindevorsteher in Puderbach ist, im Jahr 1890 die Freiwillige Feuerwehr Puderbach. Anlass waren zwei schwere Großbrände an der Steimeler Straße, die die Anwesen der „Mahlerts“ und „Kullen“ zerstörten.
Maßnahmen ergriffen
Davor waren bereits Maßnahmen ergriffen worden, um etwaige Feuersbrünste zu bändigen. Die Gemeinde hatte in den Jahren 1830 bis 1840 eine Druckspritze angeschafft und drei sogenannte Brandweiher angelegen lassen (an der Steimeler und Urbacher Straße und dem Ackerweg), aus denen man das Wasser zum Löschen entnehmen konnte. Alle männlichen Bürger wurden ein mal im Jahr an dem Löschgerät geschult.
Neue Druck- und Saugspritze
Um 1900 wird die alte, inzwischen wurmstichige Druckspritze, die für ihren Einsatz jedes mal per Hand mit Wasser befüllt werden muß, durch eine Druck- und Saugspritze ersetzt. Das fabrikneue Gerät macht den Bau eines größeren Spritzenhauses an der Urbacher Straße nötig. Zudem wird ein sogenannter „Steigerturm“ zu Übungszwecken erbaut, an dem die Feuerwehrleute mit dem Leiterkarren das Anstellen und Erklimmen von Leitern proben.
1. Weltkrieg und Nachkriegsjahre
Mit Beginn des 1. Weltkriegs und dem Einziehen der jungen Männer an die Front, existiert die Feuerwehr nur noch als Pflichtmannschaft. Auch nach Kriegsende 1918 besteht die Schar der Freiwilligen nur aus einer Notwehr, da die französischen bzw. amerikanischen Besatzungsmächte Übungen verbieten, vermutlich aus Angst vor paramilitärischen Aktivitäten. Das Spritzenhaus hatte man räumen lassen und dort eine Feldküche eingerichtet.
Die Jahre 1924 bis 1939
Mit dem Abzug der Besatzungstruppen nimmt das Vereinsleben wieder an Fahrt auf. Um 1924 wird als neuer Brandmeister Karl Schneider (Annekerts) berufen. Die Wehrmänner in dieser Zeit sind:
Hugo Aron, Louis Bär, Ewald Blum, Karl Blum, Otto Blum, Rudi Blum, Friedrich Born, Philipp Born, Erich Bus, Werner Dorr, Paul Engers, August Frohn, Otto Haberscheid, Louis Hehn, Otto Hehn, Karl Hottgenroth, Walter Hümmerich, Wilhelm Kaul, Karl Kuhl, Wilhelm Kuhl (vor 1922), Werner Marth, Karl Noll, Emil Oettgen, Albert Pangert, Wilhelm Puderbach, Emil Runkler, Wilhelm Runkler, Wilhelm Schäfer, Willi Schäfer, Emil Schmidt, Willi Schmidt, Albert Schneider, Otto Schumann, Wilhelm Seitz, Wilhelm Spies, Hermann Sternfeld, Leo Tobias, Ernst Velten, Paul Wagner, Alfred Weber, Rudi Weber, Franz Wilhelm, Hermann Wolff und Willi Zerres.
Wie schon zuvor beim Turnverein nehmen auch bei der Freiwilligen Feuerwehr die jüdischen Männer des Ortes regen Anteil.
Bereits 1929 kann ein erstes motorisiertes Feuerwehrfahrzeug angeschafft werden. Es handelt sich um einen alten Personenwagen, den die Männer als Stiftung von der Firmenleitung der Grube Reichenstein erhalten und der in Heimarbeit in ein brauchbares Feuerwehrfahrzeug umgebaut wird. Zukünftig müssen die Männer die schwere Druckspritze nicht mehr von Hand ziehen, sondern ihr „Max“, so heißt das Gefährt bei den Feuerwehrmännern, übernimmt diese Aufgabe.
Nach Karl Schneider wird 1929 Heinrich Abel zum neuen Brandmeister der Freiwilligen Feuerwehr Puderbach ernannt. Im Jahr 1931 leistet sich die Gemeinde endlich eine Motorspritze, die für die Wehrleute eine erneute Erleichterung der Arbeit bedeutet.
Großbrand am Ackerweg
Am 16. November 1932 kommt es in den frühen Morgenstunden zu einem verheerenden Feuer im Anwesen der Familie Philipp Born am Ackerweg, in dessem Verlauf Wohnhaus, Scheune und Stallungen ein Raub der Flammen werden. Die Feuerwehr kann nur noch das Übergreifen des Brandes auf umliegende Gebäude verhindern. Obdachlos geworden kommen die „Herwescheeds“ zunächst bei den Nachbarn, der Familie Peter Born unter.
Ausschluß der jüdischen Mitglieder
Vermutlich kommt es mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten im Jahr 1933 auch bei der freiwilligen Feuerwehr zum Ausschluß der jüdischen Mitglieder. Dazu könnte der Eisenwarenhändler Louis Bär gehören, der möglicherweise noch als inaktives Mitglied eingeschrieben ist.
Blaskapelle löst sich auf
Leider ist mit nicht ganz klar, aus welchen Gründen sich 1934 die Blaskapelle der Freiwilligen Feuerwehr Puderbach auflöst. Ein Jahr zuvor war sie noch unter ihrem damaligen Leiter Herrn Kurz aus Niederdreis beim Kreisfeuerwehrtag in Neuwied aufgetreten, wie die Fotografie unten belegt.
2. Weltkrieg und Nachkriegsjahre
Man ahnt bereits, daß mit Kriegsbeginn und dem Einsatz der Feuerwehrmänner als Frontsoldaten, die Mitgliedszahlen deutlich schrumpfen und nur noch eine Pflichtfeuerwehr bestehen bleibt. Erst 1948 beginnt man die Löschmannschaften neu aufzustellen. Im Jahr 1949 gehören folgende Männer zu den Wehrleuten:
Rudolf Abel, Manfred Baumann, Horst Blettner, Alfred Dorr, Heinz Fritsch, Karl Hottgenroth, Hans-Dieter Nies, Hans Pangert, Alfred Schmidt, Karl-Heinz Schmidt, Willi Schmidt, Fritz Schumann, Wolfgang Schumann, Emil Velten, Karl-Heinz Velten und Friedhelm Will.
Feuerteufel
Im Jahr 1975 kommt es in Puderbach zu einer ganzen Serie von Bränden, bei der man von mutwilliger Brandstiftung ausgehen kann. Betroffen waren unter anderem die Bauernhöfe der Familien Schuh, Kölbach und Deneu. Von dem schönen Anwesen der „Sannersch“ brannte der komplette Mittelteil nieder.
Persönliche Verbindung
Am 1. März 1974 tritt mein Vater in die freiwillige Feuerwehr Puderbach ein. Ich werde es nie vergessen, wie er beim Einsetzen der Sirene alles stehen und liegen ließ und zum Feuerwehrhaus eilte. Von den vielen Einsätzen der Feuerwehr Puderbach blieben mir besonders die in Erinnerung, die in der Nacht stattfanden, wie zum Beispiel der Brand in der Papierfabrik Hedwigsthal im Jahr 1980, bei dem sich der Nachthimmel Richtung Raubach glutrot gefärbt hatte.
Hier seien die aktiven Mitglieder des Jahres 1980 genannt. Zu ihnen gehörten:
Wolfgang Biegel, Gerd Blum, Erwin Born, Walter Dörper, Udo Greb, Richard Henn, Gerhard Hottgenroth, Hans Kuhl, Armin Leis, Willi Letschert, Willfried Lotz, Gerd Manderbach, Bernd Müller, Rudolf Oettgen, Achmed Packmohr, Hans Pangert, Alfred Schmidt, Manfred Schmidt, Karl-Heinz Schmidt, Siegfried Schmidt, Martin Schöneberg, Friedrich Schwanbeck, Peter Theis, Wolfgang Theis, Karl-Erwin Udert, Emil Velten, Jörg Velten, Richard Velten, Hans-Wilhelm Wagner und Rainer Wirth.
Schohphillps Emil
Zum Schluß möchte ich auf die Verdienste des langjährigen Feuerwehrmitglieds Emil Velten hinweisen. Er war 1948 bei der Neugründung nach den Kriegsjahren bereits dabei und hat über viele Jahrzehnte die Geschicke des Vereins als Hauptbrandmeister geleitet. Er feierte dieses Jahr seinen 93. Geburtstag.