Die Pfarrer der Evangelischen Kirchengemeinde Puderbach im 18., 19. und beginnenden 20. Jahrhundert
Johann Daniel Hendsch (Pfarrer von 1708 bis 1757)
Leider ist uns über Johann Daniel Hendsch, der im Dezember 1708 die vakante Pfarrstelle in Puderbach antritt, wenig bekannt. Er wird am 9. Juni 1678 in Herborn geboren. Bereits sein Großvater war reformierter Pfarrer in Holzklau gewesen, ein Stadtteil Freudenbergs bei Siegen. Am 3. Oktober heiratet er Maria Johannette Luisa Bingel, die Tochter des Altenkirchener Pastors Johann Hermann Bingel.
Nikolaus Bruno Hendsch (Pfarrer von 1757 bis 1788)
Zwei der in dieser Ehe gezeugten Kinder treten in die Fußstapfen des Vaters. Der älteste Sohn Hermann Jakob übernimmt 1752 die Pfarrei in Oberdreis. Der am 17. März 1720 geborene Nikolaus Bruno beerbt den Vater und wird nach dessen Tod am 24. September 1757 Pastor des Pfarramts in Puderbach. Schon ein Jahr zuvor hatte er in der Kirchengemeinde als Gehilfe, als sogenannter „Adjunkt“, gearbeitet. Über seine Arbeit und seine Bestrebungen ist einiges überliefert. Neben seiner Tätigkeit als Gemeindepfarrer ist er auch als „Oberpfarrer“ des Bezirks Dierdorf beschäftigt, beaufsichtigt das Wohl und Wehe der Kirchen und Schulen der Gegend. Desweiteren setzt er sich ungeachtet allem Widerstreben der Bauern für die Abgabe des Kartoffelzehnten ein. Für die doch recht arme Landbevölkerung bedeutet die 10 prozentige Steuer in vorm von Naturalien, die an die Pfarrei geht, eine zusätzliche Belastung.
Keine Glaubensfreiheit für Katholiken
1750 gewährt Graf Johann Ludwig Adolf von Wied-Runkel seinen katholischen Untertanen Religionsfreiheit. Im Zuge dessen lässt sich 1755 eine Gruppe von Männern des Kapuzinerordens in Dierdorf nieder und will nach dem Erhalt einer größeren Summe aus einer Erbschaft ein Kloster errichten.
Pfarrer Hendsch tut sich als entschiedener Gegner und Widersacher hervor, wird in seinen Predigten gegen die „Andersgläubigen“ gewettert haben. 1776 kommt es dann zu tätlichen Ausschreitungen, bei denen Unbekannte in einer Nacht- und Nebelaktion die bereits errichteten Fundamente des Klosters zerstören. Aus Angst um Leib und Leben flüchten die Mönche aus der Stadt. Die hiesige evangelisch reformierte Christenheit nebst ihren Pfarrern übt solch einen Druck auf den regierenden Grafen aus, daß dieser sich gezwungen sieht, seinen Erlass der Glaubensfreiheit zurückzuziehen.
Verfall der Sitten
Ein weiterer Dorn im Auge von Nikolaus Bruno Hendsch ist jedwede Form von Laster und Ausschweifungen. Die Puderbacher Dorf- und Kirchenchronik von Rudolf Löhr aus dem Jahr 1930 zitiert Hendsch wie folgt:
„Trotz alles wohlmeinenden Warnens und Abmahnens nehmen allerhand unchristliche und die Schranken der Ehrbarkeit und des Wohlstandes ausschreitende Sitten von Tag zu Tag mehr zu.“ Die Besucher des Steimeler Marktes, auswärtige und hiesige würden auf dem Heimwege „in der Lorenz Haags Wittibs Behausung, welche wie landeskundig schon vor langer Zeit her eine Schule und Werkstätte des Satans gewesen, aber auch bei dem Schutzjuden Abraham, durch Musikanten und Bierfiedler angelockt, und brächten die Nächte bis an lichten Morgen mit allerlei leichtfertigem, unkeuschem Treiben zu, woraus gar oft Schlägereien entstehen.“ Die „Bachus und Venus Brüder“ wie er sie nennt, lieben „unbändiges Jauchzen und tolles Schreien, sonderlich im Vorbeigehen hiesigen Pfarrhauses, dem Pastor, wie sie sagen, zum Trutz.“
Link:
Der Stammbaum der Familie Hendsch
http://www.heidermanns.net/gen-pers.php?ID=60754
Niklas Wilhelm Heinrich Hendsch
Von den mit seiner Ehefrau Johanna Katharina Margaretha geborene Bellingrath gemeinsam gezeugten 16 Kindern ist der Werdegang des am 27. Januar 1779 geborenen Niklas Wilhelm Heinrich Hendsch besonders interessant und erstaunlich gut dokumentiert.
Nach dem Tod des Vaters 1788 zieht die Mutter mit Niklas und drei weiteren noch minderjährigen Kindern von Puderbach zum ältesten Sohn nach Wolfenhausen bei Runkel, der dort Pfarrer der Kirchengemeinde ist.
Soldat in holländischen Diensten
Mit 13 Jahren beschließt Niklas dann, Soldat zu werden. Im Regiment seines älteren Bruders, das in holländischen Diensten steht, findet er Aufnahme. Im Zuge der Revolutionskriege kommt es zu kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Holland und Frankreich, aus denen die Revolutionstruppen Frankreichs als Sieger hervorgehen, die Niederlande besetzen und nach Bündnisverhandlungen in die sogenannte Batavische Republik umbennen. Niklas gerät in französische Gefangenschaft, wird nach Frankreich verschleppt und erkrankt dort vermutlich auf Grund der Strapazen und Entbehrungen schwer. 1795 wird er entlassen und kehrt nach Holland zurück.
Kriegseinsätze unter Napoleon
Dem Militär bleibt er treu, steigt im Jahr 1802 zum Leutnant auf, bildet sich weiter, erlernt die französische Sprache. 1806 nimmt er im Rahmen der Koalitonskriege an der Besetzung des Kurfürstentums Braunschweig-Lüneburg und der Einnahme Hannovers teil. Sechs Jahre später zieht er als Adjutant eines Generals Durutte mit der Grande Armée Napoleons Richtung Russland. Dieser Feldzug wird ein Debakel. Durch Kampfhandlungen und den einsetzenden Winter verlieren von 600.000 französischen Soldaten rund 350.000 Mann ihr Leben, darunter viele deutsche, die in der französischen Armee dienen. Niklas Wilhelm Heinrich Hendsch übersteht den Feldzug unbeschadet, wird aber in den anschließenden Befreiungskriegen am Bein verwundet. 1814 mit dem Vertrag von Chaumont enden die Koalitionskriege.
Militärische Karriere
Niklas verbleibt in französischen Diensten, wird 1815 zum Major ernannt, wird 1821 Offizier der Ehrenlegion, 1823 zum Oberstleutnant des 57. Infanterie Regiments berufen und 1830 zum Oberst des 42. Regiments befördert. 1837 erfolgt dann die Ernennung zum General. Er genießt hohes Ansehen selbst beim französischen König, der seine beiden Kinder Viktor und Eugenie unentgeltlich ausbilden lässt. 1841 wird er pensioniert und verbringt seinen Lebensabend in dem Städtchen Joigny, das zum Department Yonne gehört und das Zuhause seiner Ehefrau ist.
Seiner alten Heimat und den Geschwistern bleibt er stets verbunden, wie ein Eintrag im Puderbacher Kirchenbuch beweist. Dort, im Geburtseintrag von Niklas Hendsch vom Jahr 1799 vermerkt Pfarrer Reinhardt folgendes:
„Heute den 26. Mai 1856 hat dies Kind als 76jähriger Greis u. französischer General außer Diensten, wohnend bei Joigny zwischen Paris u. Lyon u. auf Besuch bei seiner verwandten Familie des Lehrer Nolls zu Neuwied, nochmals wie auch 1845 seinen Geburtsort Puderbach u. seines Vatersgrab rechts unterhalb der Kirche in kindlicher Pietät besucht u. am selben gebetet.“
Am 30. Januar 1861 verstirbt Niklas Wilhelm Heinrich mit 82 Jahren in seiner Wahlheimat Frankreich. Sein Grabmal ist noch heute auf dem Friedhof von Joigny zu finden.
Links:
Die Offiziere der 8. Demi-Brigade und 8ème Régiment de Ligne Gi-K
http://www.8eme.de/die-offiziere-der-8-demi-brigade-und-8eme-regiment-de-ligne-h-k/
https://seynaeve.pagesperso-orange.fr/page_h.htm
Johannes Daniel Kulot (Pfarrer von 1788 bis 1810)
Beitrag folgt…
Jakob Wilhelm Abel (Pfarrer von 1810 bis 1822)
Beitrag folgt…
Karl F. Wilhelm Simons (Pfarrer von 1822 bis 1837)
Beitrag folgt…
Wilhelm Keetman (Pfarrer von 1838 bis 1848)
Geboren wird Wilhelm Keetman am 26. November 1803 in Hamburg als Sohn des Kaufmanns Johann Keetman und seiner aus Neuwied stammenden Frau Louisa Friederika Bertheau. Der Stammbaum der Keetmans lässt sich bis ins 16. Jahrhundert zurückverfolgen. Die Wurzeln liegen in der niederländischen Kleinstadt Edam in der Provinz Nordholland.
Seine Kindheit jedoch verbringt Keetman in der Heimatstadt seiner Mutter. Nach bestandenen Abitur und abgelegten Theologiestudium erhält er eine Anstellung als Assistent des in die Jahre gekommenen Pfarrers Friedrich August Schild in Dierdorf. Am 20. September 1831 folgt die Hochzeit mit der Tochter des Dierdorfer Pastors, der 1809 in Urbach geborenen Amalie Schild.
Nach seiner Zeit als Zweitpfarrer in Dierdorf findet dann am 14. November 1838 seine feierliche Einführung ins Pfarramt Puderbach statt. Die christliche Glaubenslehre unter den nichtgläubigen Dorfbewohnern zu verbreiten wird sein vorrangiges Ziel. Bei einer Kirchenvisitation im Jahre 1843 wird er von seinem Vorgesetzten als unentwegter, treuer Beter, als milder und gütiger Seelsorger und als Wohltäter der Armen und Notleidenden bezeichnet.
Schon nach zehn Jahren verlässt er die Puderbacher Kirchemgemeinde wieder und wechselt an die Evangelische Kirche zu Rengsdorf. Dort bleibt er Pfarrer bis zu seinem Lebensende am 8. März 1876.
Zum Schluß möchte ich auf zwei von Keetmans Familienangehörigen aufmerksam machen. Sein älterer Bruder Johann wird ein angesehener Kaufmann und Bankier. Sein Sohn Theodor, geboren am 12. Januar 1838 in Dierdorf, aufgewachsen in Puderbach, absolviert zunächst eine kaufmännische Lehre auf der Rasselsteiner Hütte bei Neuwied. 1862 kauft er mit einem Kompagnon in Duisburg eine Maschinenfabrik, expandiert und gründet 1872 die Duisburger Maschinenbau-Aktiengesellschaft.
Weitere Informationen über Wilhelm Keetman und seine Familie finden Sie unter folgenden Links:
Stammbaum Wilhelm Keetman
http://www.heidermanns.net/gen-pers.php?ID=118434-118435
Der Bruder Johann Keetman
https://de.wikipedia.org/wiki/Johann_Keetman
Der Sohn Theodor Keetman
https://de.wikipedia.org/wiki/Theodor_Keetman
Karl Reinhardt (Pfarrer von 1848 bis 1857)
Karl Reinhardt kommt am 28. Juni 1809 in Neuwied am Rhein zur Welt. Die Eltern sind der Kaufmann und Bürgermeister Johannes Andreas Reinhardt und seine Frau Maria Elisabeth Meyer.
Sein Studium der Theologie absolviert er in Bonn und Berlin. Es folgt seine erste Anstellung als Pfarrer 1836 in der Kirchengemeinde in Altwied. Ein Jahr ist er als Seelsorger tätig, als sein Gesundheitszustand sich derart verschlechtert, daß er sein Amt aufgeben muß. Zwei lange Jahre laboriert er an einer mir nicht bekannten Erkrankung. Erst 1839 kann er seine Pfarrtätigkeit wieder aufnehmen. Am 13. Juli übernimmt er die Pastorenstelle in Dierdorf und wird dort bis 1841 tätig sein. 1842 folgt die Anstellung an der Niederwambacher Kirche. In diese Zeit fällt auch seine Hochzeit mit Maria Bernhardina Neumann, Tochter des in Wühlrath bei Wuppertal tätigen Pfarrers Johann Peter Neumann.
Seine Einführung in die Puderbacher Kirchengemeinde findet am 23. November 1848 statt. In seine Amtszeit fallen dringend nötige Reparaturen an der baufälligen Kirche. Zunächst kommt es 1850/51 zur Verlegung eines Holzfußbodens. Es folgt 1853 die Erneuerung der Fenster an der Südseite des Gebäudes und der Anschaffung einer neuen Eingangstür, sowie etliche Reparaturen der Kirchenuhr.
Ebenfalls in seine Amtsperiode fällt die Regulierung der Gemeindegrenze nach Oberdreis. Bis dahin gehörten Teile von Hilgert, rechts des Dreisbaches, noch zur Kirchengemeinde Puderbach. Diese fielen nun ganz der Oberdreiser Gemeinde zu.
Seine gesundheitliche Verfassung war auch in den Jahren nach seiner Erkrankung nicht besser geworden. Am 10. Januar 1857 verstirbt er dann mit gerade mal 48 Jahren.
Hinweisen möchte ich noch auf seinen am 12. Juli 1849 in Puderbach geborenen Sohn Karl Paul Friedrich. Nach absolvierten Abitur und Studium wird er Gymnasiallehrer, zunächst in Bielefeld, später in Frankfurt am Main. Hier steigt er bis zum Direktor auf. Später erfolgt die Ernennung zum Oberregierungsrat.
Weitere Informationen über Karl Reinhardt und seine Familie finden Sie unter folgenden Links:
Stammbaum Karl Reinhardt
http://www.heidermanns.net/gen-pers.php?ID=91963-91964
Der Sohn Karl Paul Friedrich Reinhardt
https://www.lagis-hessen.de/pnd/118744267
Ludwig Wilhelm Göbel (Pfarrer von 1858 bis 1877)
Geboren wird Ludwig Wilhelm Göbel am 24. Januar 1817 im bei Wetzlar gelegenen Braunfels als Sohn eines Nagelschmieds. Der Vater Heinrich kann sich im Laufe der Jahre zum Seifenfabrikanten hocharbeiten und somit dem Sohn ein Studium der Theologie ermöglichen. Nach absolvierten Examina führt ihn seine erste Stelle nach Ebersgöns, eine kleine Pfarrei unweit von Butzbach. Hier heiratet er am 27. Mai die von dort stammende Katharina Elisabeth Emilie Kümmich.
Am 18. April 1858 wird Göbel feierlich ins Pfarramt der Puderbacher Kirchengemeinde eingeführt. Bereits in den ersten Jahren seiner Amtszeit nimmt er mit großer Besorgnis wahr, daß viele Familien seiner Gemeinde unter zunehmender Armut leiden. Dies stellen auch Göbels Vorgesetzte während der Kirchenvisitationen der Jahre 1859, 1861 und 1863 fest. 1866 stellt die Kirchengemeinde sogar einen Antrag an die königliche Regierung zur Bewilligung eines Geldbetrags über 2000 Taler, um den Ärmsten der Armen finanziell unter die Arme zu greifen.
In Göbels Amtsperiode fällt zudem der Deutsch-Französische Krieg von 1870/71, an dem 77 männliche Gemeindemitglieder teilnehmen. Zum Gedächtnis an die Verstorbenen wird 1874 eine Gedenktafel im Inneren der Kirche angebracht.
Da das alte romanische Kirchengebäude weiterhin baufällig und renovierungsbedürftig ist, wird 1861 ein überschüssiger Geldbetrag der Kirchenkasse von 268 Talern, 18 Groschen und 4 Pfennigen zur Bildung eines Kirchenbau-Fonds verwendet. Im Jahr 1872 berät man dann über die Wiederherstellung der Kirche in ihre ursprüngliche Form, verwirft dieses Vorhaben aber, weil damit das Problem des Raummangels nicht behoben wäre. Man entscheidet sich also für eine Neubau, für dessen Finanzierung 1874 ein Antrag auf Unterstützung an die Provinzialsynode gestellt wird. Zudem soll eine kirchliche Umlage zur Deckung der Baukosten beitragen.
Mitten in dieser wichtigen Phase der Bauplanung verlässt Ludwig Wilhelm Göbel am 4. Februar 1877 die Puderbacher Pfarrei und wechselt in die Rengsdorfer Kirchengemeinde. Bis ins Jahr 1896 kümmert er sich dort um das Wohl der Gemeindemitglieder. Die letzten Jahre verbringt er in Bonn, vermutlich bei einem seiner Kinder. Dort verstirbt er am 31. Dezember 1906 im Alter von 89 Jahren.
Friedrich Heinrich Mohn (Pfarrer von 1877 bis 1923)
Am 12. April 1877 wird der aus Heiligenhaus bei Düsseldorf stammende Friedrich Heinrich Mohn in sein Amt als Pfarrer der Evangelischen Kirchengemeinde Puderbach eingeführt. Bis ins Jahr 1923 leitet er die Geschicke der Pfarrei. Er wird zu einer prägenden Figur, die sich nicht nur um das geistliche Wohl seiner Gemeindemitglieder kümmert, sondern auch ganz praktische Hilfe leistet. Mohn war wohl ein Anhänger des Arztes Samuel Hahnemanns und seiner alternativmedizinischen Behandlungsmethode, der Homöopathie. Er verteilt an die Kranken des Ortes kleine Kügelchen, die gegen unterschiedlichste Gebrechen und Krankheiten Hilfe versprach. Für die arme Landbevölkerung, die sich oftmals keine Arztbehandlung leisten konnte, war das eine willkommene Alternative, vor allem wenn man bedenkt, daß erst 1905 ein Arzt sich in Puderbach niederläßt.
Sanierungsfall Kirche
Ich muß ehrlicher Weise sagen, daß ich es manchesmal bedauere, daß man damals das alte romanische Kirchlein abgerissen hat. Sicher, der Bau war derartig baufällig, daß man Sorge um Leib und Leben hatte und von behördlicher Seite die polizeiliche Schließung drohte. Zudem wären die Kosten für eine Sanierung enorm gewesen. Doch die Intimität und Behaglichkeit eines kleinen Kirchenraums würde, gerade in heutiger Zeit bei sinkenden Mitgliederzahlen und nur wenigen Gottesdienstbesuchern, die Atmosphäre deutlich wärmer gestalten. So wirken die sonntäglichen Besucher in dem großen Kirchenschiff doch recht verloren. Damals waren jedoch die Mitgliederzahlen noch deutlich höher und an manchen Sonntagen reichte der Platz kaum aus.
Kirchenneubau
So kommt es im Jahr 1885 zur Abtragung des romanischen Kirchengebäudes und am 3. Juni 1886 zur andächtigen Grundsteinlegung unter Anwesenheit meines Ururgroßvaters Julius Kuhl (er verlötet das Blechgefäß mit diversen Schriftstücken und Münzen der Zeit).
„Behufs feierlicher Legung des Grundsteins versammelte sich heute die Baukommission vor der Feier im Pfarrhause. Es wurden die Urkunden und Schriftstücke durchgesehen, welche dem Grundstein eingefügt werden sollten. Es waren dies 1. eine kurze Baugeschichte bis zum heutigen Tage, verbunden mit einer Nachweisung des vorhandenen Baufonds 2. ein Exemplar der Neuwieder Zeitung 3. ein Exemplar der westdeutschen Zeitung 4. ein Exemplar des Duisburger Sonntagblattes 5. je ein Exemplar der gangbaren Münzsorten: ein 10 Mark Stück, ein 5 Mark Stück in Silber, ein 3 Mark Stück, ein 2 Mark Stück, ein 1 Mark Stück, außerdem noch einige ältere Münzen.
Hiernach wurde die Büchse durch den Schlossermeister J. Kuhl von hier zugelötet. Während dieser Zeit hatte sich die Schuljugend unter Anführung ihrer Lehrer auf dem Pfarrhofe versammelt. In feierlichem Zuge betrat man den Bauplatz. Dort wurde der Grundstein, ein mit Kreuzzeichen versehener Stein aus der alten Kirche, dessen Bedeutung nicht festzustellen ist, zugerichtet und in der vorhandenen Baugrube in der an der Südseite des Schiffes gelegenen inneren Ecke der Schiffsgiebelwand befestigt. Nach vorangegangenem Gesang, Gebet und Festrede wurde die Büchse in den Stein eingelegt, worauf alsdann die Öffnung durch eine andere Platte verschlossen wurde. Während dieser Zeit sangen die Schulkinder aus dem Liede 428 „O, das ich tausend Zungen hätte“. In üblicher Weise wurden darauf der Reihe nach von den Gliedern der Baukommission und den anwesenden Gästen die Hammerschläge vollzogen. Mit Gesang und Gebet schloß die Feier. Die Arbeiter und geladenen Gäste wurden darauf im Pfarrhofe mit Kaffee bewirtet.“
Feierliche Einweihung
Am 4. November findet dann unter mannigfacher Beteiligung der Dorfbevölkerung die feierliche Einweihung statt. Nun haben rund 650 Gläubige die Möglichkeit den Gottesdienst zu besuchen. Das alte Kirchlein bot nur 262 Sitzplätze.
Schriftliche Zeugnisse aus Mohns Amtszeit
Gemeindehaus
Am 30. Januar 1911 wird dann zudem ein neues geräumiges Gemeindehaus eröffnet, das u.a. der Frauenhilfe und dem ihm angeschlossenen Jungfrauenverein, der Schwesternstation und dem Posaunen- und Kirchenchor Platz für ihre Aktivitäten bietet.
Ruhestand und Tod
Im April 1923 wird Pfarrer Mohn nach 46jähriger seelsorgerlicher Tätigkeit in seinen wohlverdienten Ruhestand entlassen. Doch nur wenige Jahre kann der hochbetagte Mann diese Zeit genießen. Bereits um Ostern 1926 verschlechtert sich sein Gesundheitszustand zusehends. Am 16. November dann verstirbt er 77jährig im Kreis seiner Familie. Unter zahlreicher Anteilnahme der hiesigen Bevölkerung findet am 19. November seine Beerdigung statt. Der Sarg des Entschlafenen wird in der Kirche aufgebahrt. Reden von Superintendent Knappmann und Mohns Nachfolger Pfarrer Bockemühl wechseln sich mit feierlichen Vorträgen von Posaunen- und Kirchenchor ab. Seine letzte Ruhestätte findet er neben seiner bereits 1887 im Kindbett verstorbenen Ehefrau Christiane Antoinette geb. Herzog. (Beitrag vom 30. Oktober 2021)
Link:
Der Stammbaum der Familie Mohn
http://www.heidermanns.net/gen-pers.php?ID=64948
Frauenhilfe und Schwesternstation
Ohne die tatkräftige und zumeist ehrenamtliche Mitarbeit von Frauen wäre das Leben in den Gemeinden der Evangelischen Kirche nicht denkbar. So wundert es einen nicht, wenn schon Pfarrer Mohn bei seinem Amtsantritt im Jahr 1877 auf einige Frauenhilfsvereine hinweist, die sich in der Puderbacher Gemeinde engagieren. Mit der Gründung der Evangelischen Frauenhilfe im Jahr 1899 unter Schirmherrschaft der deutschen Kaiserin Auguste Viktoria erhalten sie dann auch einen formelle Legitimation. 1904 bildet sich die Puderbacher Frauenhilfe mit dem ihn angegliederten Jungfrauenverein, zwei Jahre später erhalten die Damen ihre Anerkennungsurkunde nebst Bestätigungsschreiben durch die Monarchin.
Dem unermütlichem Bestreben der weiblichen Gemeindemitglieder ist es auch zu verdanken, daß mit Inkrafttreten eines Vertrages zwischen dem Diakonissenmutterhaus in Kaiserswerth und der Kirchengemeinde Puderbach eine Schwester zur Pflege der Kranken abgestellt wird. Am 9. Mai 1908 tritt Klara Lommel als erste von fünf Gemeindeschwestern ihren Dienst an. Die sogenannte Schwesternstation ist jedoch nicht nur für die Versorgung von Verletzten oder Erkrankten zuständig. Auch die Organisation der geselligen Zusammenkünfte von Frauenhilfe und der ihr angegliederten Vereine fallen in ihr Ressort. In diesen gemeinsamen Stunden wird in der Bibel gelesen, gesungen und für Bedürftige gestrickt. Zudem hält Gemeindeschwester Lommel Kindergottesdienste und Kinderstunden ab.
Im Jahr 1911 gehören 275 Frauen der Evangelischen Kirchengemeinde Puderbach der Frauenhilfe an. 200 von ihnen sind aktiv in der Gemeindearbeit tätig. Ihre Mitgliedsbeiträge werden u.a. für die Unterstützung armer Familien der Umgegend eingesetzt.
Wenige Gemeindeschwestern sind Puderbach und seinen Einwohnern so verbunden gewesen wie Klara Lommel. Die Diakonisse hat sich 33 Jahre lang unablässig um die Kranken der Gemeinde gekümmert, hat etliche Bibelstunden für Alt und Jung organisiert. 1941 tritt sie in den wohlverdienten Ruhestand. Erst als sich ihr Gesundheitszustand zusehends verschlechtert und sie dauerhaft ans Bett gefesselt ist, wird sie in das Mutterhaus nach Kaiserswerth verbracht. An ihrem Abreisetag tragen Gemeindemitglieder die zu Tränen gerührte Frau auf einem Stuhl noch ein letztes Mal durch das Gemeindehaus, indem sie so viele Jahre gewirkt und gewohnt hat.
Von den späteren vier Gemeindeschwestern, die bis zur Einführung der Sozialstation im Jahr 1970 ihren Dienst versahen, sei die Diakonisse Hertha Westphal besonders erwähnt. Sie blieb vielen Einwohnern wegen ihres halsbrecherischen Fahrstils in Erinnerung. Mit einem himmelblauen Gogomobil suchte sie ihre Patientinnen und Patienten auf und muß bei ihren Fahrten wohl eine ganze Schar an Schutzengeln gehabt haben.
Peter Bockemühl (Pfarrer von 1923 bis 1927)
Nachdem Pfarrer Mohn im April 1923 in seinen wohlverdienten Ruhestand tritt (er verstirbt am 26.11.1926), übernimmt der in Wermelskirchen geborene Robert Peter Bockemühl für 4 Jahre das Pfarramt in der Kirchengemeinde.
Der Sohn eines Kupferschmieds absolviert 1914 sein Abitur in Elberfeld und beginnt im Anschluß ein Theologiestudium. 1915 meldet er sich freiwillig zum Kriegsdienst und kann 1918 seine Studien in Halle und Bonn wieder aufnehmen und erfolgreich abschließen. Die Puderbacher Kirchengemeinde ist sein erster Wirkungsort als Pfarrer. 1927 wechselt er in die evangelisch-reformierte Gemeinde nach Wuppertal-Cronenberg. Sein mutiger Widerstand unter Nationalsozialistischer Herrschaft soll im anschließenden Kapitel näher beleuchtet werden. 1949 ernennt man ihn zum Superintenenten des Kirchenkreises Wuppertal-Elberfeld. Am 15. September 1953 verstirbt er mit gerade mal 57 Jahren an einem Herzleiden.
Wortstarke Stimme in der NS-Zeit
Im Spätsommer 1933 schließt sich Bockemühl einer Gruppe von oppositionellen Theologen an und tritt ein Jahr später der in Barmen gegründeten Bekennenden Kirche (BK) bei. In Predigten, Vorträge und Schriften widerspricht er den Bemühungen des Regimes, die Kirche für die Ziele des nationalsozialistischen Staates einzusetzen. Hierbei wird der Text „Mythus oder Evangelium“ eine seiner bekanntesten Abhandlungen.
Mythus oder Evangelium
„Mythus oder Evangelium“ ist die schriftliche Antwort Bockemühls auf das von dem Politiker und NS-Ideologen Alfred Rosenberg 1930 herausgebrachte Buch „Mythus des 20. Jahrhunderts“. Rosenberg war stark von den antisemitischen und rassistischen Schriften des Engländers Houston Stewart Chamberlains Schriften beeinflußt, vor allem von dem 1899 erschienenen Buch „Grundlagen des 19. Jahrhunderts“. Er sieht sein Werk als Fortführung der Gedanken Chamberlains.
Inhaltlich geht es in Rosenbergs Hetzschrift um den Mythos vom Kampf zwischen den nordischen Rassen – sprich der deutschen Rasse – und der jüdischen Rasse, wobei die Rasse als Kollektiv zu verstehen ist, als Ganzes, die keine Individualisierung erlaubt. Er geht noch weiter, in dem er diese Lehre zur wahren, neuen Reiligon stilisiert. Er schreibt:
„Heute erwacht ein neuer Glaube: der Mythus des Blutes, der Glaube, mit dem Blute auch das göttliche Wesen des Menschen überhaupt zu verteidigen. Der mit hellsten Wissen verkörperte Glaube, daß das nordische Blut jenes Mysterium darstellt, daß die alten Sakramente ersetzt und überwunden hat.“
An anderer Stelle heißt es:
„Da muß es so sein, daß dem ganzen Christentum der Bibel der Kampf angesagt wird. Hier steht ein germanisches Christentum gegen das Wort Gottes auf, der Mythus des neuen, wiedergeborenen germanischen Menschen gegen das Evangelium.“
Für Rosenberg ist die Kirche des Glaubens ein „charakterloser Menschenhaufen“, der „alle – ob weiß, ob gelb, ob schwarz – auf einen Weg, in eine Form, unter ein Dogma zwinge und hat deshalb … unsere europäische Rassen vergiftet.“ Rosenbergs Forderungen gehen soweit, Christus nicht als Juden, als schwaches Opferlamm und Gekreuzigten zu sehen, sondern als Verkörperung des starken Helden der nordischen Rassenseele. Desweiteren fordert er das Alte Testament als „Religionsbuch“ abzuschaffen und in seinen Augen entstellte und abergläubische Stellen im Neuen Testament zu streichen.
Bockemühls Antwort in seiner Schrift „Mythus oder Evangelium“ fällt mutig und klar aus. Er schreibt:
„Es wird uns bei diesen Zitaten aus dem Buche Rosenbergs klar, daß hier keine Brücke mehr ist, daß hier wohl der Name „Kirche“ aufgegriffen wird, daß aber etwas ganz anderes gemeint ist. Das ist Gegenkirche der Rasse gegen die Kirche des Wortes Gottes.“
Weiter schreibt er:
„Kirche wird nicht von Rasse, Blut und Volk geboren, sondern aus Wort und Geist. „Ein Leib und ein Geist; ein Herr, ein Glaube, eine Taufe.“ Kirche, Gemeinde ist aus Gott, ist der Leib Christi (Epheser 4). Von dieser Gemeinde Gottes, der Kirche Christi, gilt es: „Hier ist kein Jude, noch Grieche, hier ist kein Knecht noch Freier, hier ist kein Mann noch Weib; … denn ihr seid allzumal einer in Christo Jesu.“ – Dieser letzte entscheidende Satz ist von Rosenberg beim Zitat dieser Stelle weggelassen worden!“
Den Forderungen Rosenbergs, Teile der heiligen Schrift zu ändern und entfernen, hält er entgegen:
„Die ganze Bibel! Nichts abtreten!“
Ähnlich klar äußert er sich im Bezug auf die Heroisierung Christi. Dort schreibt er:
„Eine völlige Ablehnung Jesu wäre eher zu ertragen, als solch ein Versuch, ihn zu unseresgleichen zu machen. Jesus als heldische Persönlichkeit bedeutet ein verhülltes Nein zu dem Zeugnis der Schrift. Der Versuch, ihn in menschliche Kategorien einzuordnen, heißt: Raub seiner Herrlichkeit.“
Neben seiner unverhohlenen Kritik an Rosenbergs Buch, fällt auch die Missbilligung gegenüber den Aussagen des Reichsbischofs der Deutschen Evangelischen Kirche (DEK) Ludwig Müller harsch aus. Er schreibt:
„Wie ist es angesichts solcher Haltung möglich, daß der höchste Mann in der Evangelischen Kirche, Ludwig Müller, im Sportpalast (28. Februar 1934) in mehrfacher Hinsicht seine Übereinstimmung mit Rosenberg feststellen konnte?… Müßte nicht von der Kirche aus gegen den Angriff auf Bibel und Glauben – bekannt werden?“
Nicht folgenlos
Wie man sich unschwer vorstellen kann, bleiben Bockemühls Aussagen nicht folgenlos. Die Schrift „Mythos oder Evangelium“ wird verboten und der „Liste des schädlichen und unerwünschten Schrifttums“ hinzugefügt. Sein Pfarrhaus in Wuppertal-Cronenberg überwacht die Geheime Staatspolizei (Gestapo) und durchsucht es fünfzehn Mal auf illegale Schriften. Er sieht sich wiederholten Verhören ausgesetzt und man belegt ihn mit einem Redeverbot. In den Akten der Gestapo wird er als „Staatsfeind“ bezeichnet.
Friedrich Wilhelm Bub (Pfarrer von 1927 bis 1973)
Mit dem Weggang von Bockemühl wird am 31. März 1927 Friedrich Wilhelm Bub Pfarrer der Puderbacher Kirchengemeinde. Er wird die wunderbare Tradition einführen, die konfirmierten Kinder der Gemeinde an ihrem Festtage vorm Eingang der Kirche zu fotografieren. Hier seien einige Aufnahmen seit Einführung der Tradition gezeigt.
Konfirmation am 10. April 1927
Konfirmation am 13. April 1930
Konfirmation am 29. März 1931
50jähriges Bestehen unter Pfarrer Bub
1937 nimmt man unter dem Nachfolger Mohns Herrn Pfarrer Friedrich Wilhelm Bub eine Innenrenovierung vor. Bedauerlicherweise fällt den Malerarbeiten die durchgemalte Empore im Chorraum zum Opfer. Am 24. Juli 1938 feiert man dann das 50jährige Bestehen des Kirchenbaus unter Anwesenheit von Johannes Kuhlo, dem Mitbegründer der Posaunenchorbewegung, auch unter dem Beinamen „Posaunengeneral“ bekannt.
Neue Läuteordnung von 1939
Mit dem Kriegseintritt im Jahr 1939 wird der Kirchengemeinde auch eine neue Läuteordnung vorgeschrieben. Einige der einschränkenden Vorschriften sind: Die Kirchenglocken müssen schweigen 1. während eines Fliegeralarms 2. in der Zeit von 18 bis 8 Uhr 3. bei Taufen 4. bei Trauungen. Weiterhin wurde festgelegt, daß die Glocken nur 3 Minuten läuten dürfen und am Sonntage nur einmal zum Gottesdienst rufen.
Die Glocke Maria schweigt
Im Jahr 1942 soll auf behördliche Anordnung eine der Puderbacher Glocken zu Kriegszwecken eingeschmolzen werden. Trotz der Bemühungen der Kirchengemeinde, die Glocke in der Kirche zu erhalten, wird sie am 23. April 1942 unter Anteilnhame zahlreicher Gemeindemitglieder aus dem Kirchturm herabgelassen und wird am 24. April nach Hamburg verbracht. Glücklichen Umständen ist es zu verdanken, daß sie nicht eingeschmolzen und auch nicht durch die Luftangriffe auf Hamburg zerstört wird. Am 29. Dezember 1947 trifft sie wohlbehalten in Puderbach ein und läutet bereits in der Silvesternacht mit ihren Schwestern das neue Jahr ein.
Posaunenchor Puderbach
„Der Posaunenverein Daufenbach ist gegründet zur Ehre Gottes, zur Erbauung und christlichen Freude seiner Mitglieder und der Gemeinde Puderbach“. So heißt es in der Gründungsurkunde der sich im Herbst 1901 formierenden Bläser. Zu den ersten Mitwirkenden des Chores gehören neben Mitgliedern des Jünglingsvereins Pfarrer Friedrich Mohn als Vorstand/Präses, Valentin Bachenberg (Vizepräses) aus Daufenbach, sein Sohn Karl, die Geschwister August, Peter und Peter II Kraus aus Werlenbach, sowie Jakob Dorr (Ordner), Philipp Schmidt und Simon Räder (Kassierer). Wilhelm Räder wird als Dirigent genannt. Bei meinen Recherchen tauchte sein Name bereits als Leiter des Kirchenchores Daufenbach auf. Man kann sich kaum vorstellen, daß dieser Mann es schaffte, trotz seiner schweren Einschränkung, er war taub, sowohl Singstimmen wahrzunehmen als auch die Töne der Bläser aufeinander abzustimmen.
In späteren Jahren wird der Schneidermeister Karl Bachenberg aus Daufenbach die Geschicke des Posaunenchores in seine Hände nehmen. Unter seiner Führung kann der Chor 1926 sein 25jähriges Bestehen feiern. Bis 1934 versieht er seinen unermüdlichen Dienst. Abgelöst wird er durch den aus Puderbach stammenden Alfred Bachenberg, der bereits seit 1924 Mitglied des Bläserensembles ist und seit dem Jahr 1929 das Amt des Küsters in der Puderbacher Kirchengemeinde versieht. Schon sein Vater Wilhelm sowie der Großvater Jakob Bachenberg hatten die ehrwürdige Stellung des Kirchendieners inne.
Einen besonderen Förderer finden die Puderbacher Bläser in dem 1856 in Gohfeld bei Löhne geborenen Pfarrer Johannes Kuhlo. Er gilt als Begründer der Evangelischen Posaunenchorbewegung. Selbst aus einer Pfarrfamilie stammend, bringt er sich autodidaktisch das Posaunenspiel bei. Nach absolvierten Examen und seiner Ordination als Pfarrer, wird er 1893 Pfarrer der Bodelschwinghschen Anstalten in Bethel und Vorsteher der Diakonieanstalt Nazareth. Von hier aus verhilft er der Posaunenmusik zur flächendeckenden Verbreitung in den Evangelischen Kirchengemeinden Deutschlands. Am 24. Mai 1936 begeht der Puderbacher Posaunenchor mit Pfarrer Kuhlo sein 25jähriges Bestehen.
Mit Kriegsbeginn 1939 gerät die Arbeit des Chores immer mehr ins Stocken. Viele der jüngeren Männer werden eingezogen und an die Fronten abkommandiert, unter ihnen auch der Leiter Alfred Bachenberg. 1946 ist es Emil Velten, der die Chorarbeit wieder aufnimmt und die bereits zurückgekehrten Mitglieder zusammenruft. Weihnachten 1947 kann auch der aus der Kriegsgefangenschaft heimgekehrte Alfred Bachenberg die Arbeit wieder aufnehmen. Bis 1984 steht er den Bläsern des Puderbacher Chores vor. Am 13. Mai desselben Jahres wird in einem Festakt seines 50jährigen Chorleiter- und seines 60jährigen Bläserjubiläums gedacht.
Sein 100jähriges Bestehen kann der Posaunenchor Puderbach noch feiern, doch 2010 löst sich die Bläsergemeinschaft auf. Einige der aktiven Mitglieder finden jedoch eine neue Heimat bei den Bläsern des Oberdreiser Chores, der am 3. Juli 2022 sein 100jähriges Jubiläum begehen konnte.
Für meine Recherchen habe ich auf die Festschrift zur Hundertjahrfeier der Evangelischen Kirche Puderbach zurückgegriffen. Die Bilder stammen zum größten Teil aus dem Nachlass von Reinhold Zerres, ein langjähriges Mitglied des Puderbacher Posaunenchors. Herzlichen Dank geht an seine Tochter, die sie mir zur Verfügung gestellt hat. Zudem möchte ich mich bei der Familie Schmidt und den Geschwistern Bachenberg bedanken, die mir bei der Zuordnung der Personen eine unersetzliche Hilfe waren.
Kirchenchor Puderbach
Im Jahr 1887 wird der erste Kirchenchor der Gegend in Daufenbach von einem Johannes Loh, einem sogenannten „Boten“ der Evangelischen Gesellschaft gegründet. Dieser christliche Gemeindeverband, der 1848 in Elberfeld entstand, hatte sich zum Ziel gesetzt, die durch eine liberale Theologie und eine rasant fortschreitende Industrialisierung ansteigenden Kirchenaustritte zu stoppen und die Menschen wieder dem Schoß der Glaubensgemeinschaft zuzuführen. 1898 dann formiert sich unter ebenjenen Loh der erste Chor in Puderbach. 1924 kommt es nach vorangegangener Auflösung durch Herrn Pfarrer Bockemühl zur Bildung des neuen Kirchenchors mit geänderter Satzung. Hier seien einige der wichtigsten Chorleiter bis ins Jahr 1946 genannt. Dazu zählten der Schneidermeister Karl Bachenberg aus Daufenbach und die Lehrer Zimmermann und Neitzert aus Puderbach. Nach den Wirren des 2. Weltkriegs übernimmt 1946 Herr Wilhelm Stein das Amt des Chorleiters und wird es erst im Dezember 1970 an seinen Nachfolger Herrn Emil Velten aus Puderbach übergeben. Hier einige Fotos des Kirchenchores aus der Zeit von Herrn Stein.
Krippenspiel-Aufführung
Wer kann sich nicht an eine der Krippenspiel-Aufführungen zum Heiligen Abend erinnern, an der er selbst oder eines seiner Kinder bzw. Enkelkinder teilgenommen hat.
Osterhase komm!
Auch heute noch sind für mich die Osterfeierlichkeiten ein Höhepunkt im Kirchenjahr. Nachhaltig geprägt wurden sie durch die Traditionen der Puderbacher Kirchengemeinde. Wie jedes Jahr begann der Ostersonntag mit dem frühmorgendlichen Blasen des Posaunenchors vom Kirchturm. Wir lauschten noch in den Betten liegend den vorgetragenen Chorälen und Kirchenliedern. Im Anschluß machten wir uns fertig für die Andacht auf dem Friedhof, die gegen 9 Uhr stattfand und von Pfarrer Paul Gerhard Bub und Mitarbeitern des Kindergottesdienstes gestaltet wurde. Ich meine, daß auch hier die Puderbacher Bläser das Programm untermalten. Nach Beendigung zogen die Eltern mit ihren Kindern auf die sogenannte „Osterhasenwiese“, einem Wiesengrundstück hinter dem damaligen Pfarrhaus. Hier erwarteten wir die Ankunft des Osterhasen. Da er sich gerne etwas bitten ließ (oder lag es an seinen schlechten Augen und seiner Schwerhörigkeit?), mußten die Familien mindestens dreimal „Osterhase komm!“ rufen, bevor er tatsächlich in Begleitung seiner Osterhasenfrau auf der Wiese erschien und von zwei weiteren Personen geführt wurde. Nun gingen die beiden mit ihrer Kiepe reihum und schenkten den ungläubig staunenden Kindern ein gefärbtes Osterei mit einem österlichen Sinnspruch wie „Jesus lebt“ oder „Er ist auferstanden“.
Nach einem freundlichen Gespräch mit dem inzwischen 88jährigen Pfarrer Paul Gerhard Bub geht die Tradition mit dem Osterhasen auf seinen Schwiegervater Friedrich Wilhelm Bub zurück und dürfte somit bereits in den 1930er Jahren gepflegt worden sein.
Im Anschluß sehen Sie einige Fotos, die in den 1950er Jahren bzw. während meiner Kindheit in den 1970er Jahren entstanden sind. Doch ich denke, daß es sicher noch mehr Fotografien über diesen wunderschönen Brauch gibt. Melden Sie sich gerne bei mir, falls Sie diese alte Tradition mit weiterem Bildmaterial lebendig halten möchten.
Links:
Webseite der evangelischen Kirchengemeinde Puderbach
Biographische Daten zu Johannes Kuhlo
https://de.wikipedia.org/wiki/Johannes_Kuhlo
Friedrich Heinrich Mohn stammt aus einer Pfarrer-Dynastie. Hier Informationen zu seinem Großvater Peter Friedrich Mohn
https://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_Mohn
Über Pfarrer Peter Bockemühl
https://de.wikipedia.org/wiki/Peter_Bockem%C3%BChl
Über die Evangelische Gesellschaft