Schule in Puderbach

Auf dieser feinen Federzeichnung aus dem 19. Jahrhundert sieht man die alte romanische Kirche, die 1885 abgetragen und durch den heutigen Kirchenbau ersetzt wurde. Links neben dem baufälligen Gotteshaus erkennt man das frühere Schulgebäude. Es blieb bis 1842 in Betrieb, ehe es durch die neuerbaute Schule auf der Kirchbitz ersetzt wurde.

Die alten Schulhäuser Puderbachs

Fast 50 Jahre findet der Schulunterricht für die Puderbacher Kinder in einem Fachwerkgebäude am Ackerweg, in unmittelbarer Nähe zur Kirche, statt. Auf Grund steigender Schülerzahlen und der Baufälligkeit des bisherigen Schulhauses verlegt man den Unterricht 1842 in ein neu errichtetes Gebäude auf der sogenannten „Kirchbitz“. Doch bereits um 1886 erwägt der Schulvorstand einen weiteren, größeren Neubau, der dieses Mal im Mühlendorf enstehen soll. 1891 sind die Bauarbeiten abgeschlossen und das ganze Dorf nimmt an der feierlichen Einweihung teil.

Im Vordergrund sieht man die Schule der Jahre 1842 bis 1890 auf der sogenannten „Kirchenbitz“, der heutigen Friedensstraße. Zuvor wurde in einem alten Fachwerkbau auf dem Ackerweg in der Nähe der Kirche unterrichtet.
Ein Blick vom Mühlendorf über das 1891 fertigestellte Schulgebäude hinüber auf den Kirchberg. Die Aufnahme dürfte um 1905 entstanden sein und wurde von der Firma, die die Postkarte herstellte, leicht retuschiert. Könnte das Gebäude im Vordergrund, vor dem eigentlichen Schulhaus, die Turnhalle des Ortes sein, wo die Mitglieder des Turnvereins ihre Übungsstunden abhielten?

Schulunterricht nicht nur in Puderbach

In dem Kapitel über meinen Urururgroßvater Simon Kuhl, der Schullehrer in Muscheid war, bekommt man einen Eindruck, wie das Schulwesen bis zum Ende des 2. Weltkriegs aussah. Die Schüler und Schülerinnen gingen nicht wie heute auf eine große Gesamtschule, sondern der Unterricht fand in mehreren über die Dörfer verteilten Schulgebäuden statt. Es gab eine Schule in Puderbach, in der auch die Kinder von Niederdreis unterrichtet wurden; desweiteren Schulhäuser in Weroth, Woldert, seit 1857 eines für Reichenstein und deren umliegende Dörfer Richert und Haberscheid, sowie die sogenannte Höferschule für die Ortschaften Breitscheid, Bauscheid, Döttesfeld und Oberähren und die Schule an der Lieweck, zu der die Kinder aus Muscheid, Werlenbach und Daufenbach gingen. Später wird die Lieweck aufgelöst und Muscheid und Daufenbach bekommen ein eigenes Schulgebäude.

Frühe Aufnahmen

An dieser Stelle möchte ich mich ganz herzlich bei Herrn Klein aus Puderbach bedanken. Er erwarb vor kurzem das alte Fachwerkhaus der Gebrüder Runkler, auch „Konrädches“ genannt, an der Steimeler Straße samt Inventar. In dem Nachlass tauchten zwei wunderbare Schulfotos auf, die noch älter sind, als das mir bekannte aus dem Jahr 1899 von Frau Meffert. Dank seiner freundlichen Unterstützung sind sie hier zum ersten Mal seit vielen Jahrzehnten wieder zu sehen. (Beitrag vom 08.01.2023)

In welches Jahr mag diese Aufnahme zu datieren sein? Da es aus dem Nachlass der Familie Runkler stammt, müßte eines der Kinder der vielköpfigen Familie zu sehen sein. Doch welches? Philipp und Friedrich Runkler, die letzten Bewohner des kleinen Fachwerkhauses an der Steimeler Straße hatten sieben weitere Geschwister. Manche von ihnen sind jedoch zu alt für die Aufnahme, wieder andere zu jung. Nach einigem Abwägen bin ich der Meinung, daß die 1887 geborene Luise Runkler auf der Fotografie zu sehen sein könnte. Da die Schülerinnen und Schüler um die acht Jahre und älter sein dürften, läge meine Datierung um das Jahr 1895.
Liebe Leserinnen und Leser, schauen Sie sich die Fotografie doch einmal ganz genau an. Gibt es in Ihrer Familie eine Urgroßmutter oder Urgroßvater der um 1887 geboren wurde und hier möglicherweise zu sehen ist? Über Ihre tatkräftige Mithilfe würde ich mich sehr freuen! (Beitrag vom 08.01.2023)
Bei dieser Fotografie, die um 1897 enstanden sein dürfte und die Jahrgänge 1890/91 mit dem noch jungen Lehrer Anton Siegel zeigt, kommt mir das Schulbild aus dem Besitz der Familie Meffert sehr zur Hilfe. Viele der dort zu sehenden Mädchen und auch einige der Buben tauchen auf dieser Aufnahme wieder auf. In der hintersten Reihe sieht man von links nach rechts: 2 Personen unbekannt, Minna Göbler verh. Müller, Christine Schüler, 3 Personen unbekannt, Luise Frohn verh. Siegel (Hammuns), Katharina Runkler verh. Keppel (Konrädches), Karoline Wieser verh. Zeppefeld bzw. Heuser aus Niederdreis, Sophie Katharina Lichtenthäler, Wilhelmine Meffert verh. Hoffmann, 1 Person unbekannt. Unter den Jungen erkennt man in der 2. Reihe, 3. von links den im 1. Weltkrieg gefallenen Karl Bay; und in der 1. Reihe als 3. von links Hermann Wolff (Jiddches) und Wilhelm Schneider (Gruusschäfersch) als 2. von rechts.
Wie immer bin ich bei den übrigen Personen auf Ihre Hilfe angewiesen. Um die Suche etwas zu erleichtern, habe ich mir die Konfirmationslisten der beiden Jahrgänge angeschaut und die Puderbacher und Niederdreiser Kinder herausgesucht. Vielleicht können Sie einen Namen einem der Gesichter zuordnen. Zum Jahrgang 1890 gehören: Christian Bierbrauer, Karl Born, Peter Göbler aus Niederdreis, Karl Haag, Wilhelm Neitzert, Heinrich Schäfer u. Wilhelm Schneider. 1891 sind geboren: Karl Julius Born, Louis Karl Dorr, Karoline Georg, Richard Karl Herzog, Ernst Kuhl, Karoline Müller aus Niederdreis, Hermann Runkler, Adam Christian Schäfer, Karoline Schäfer, Minna Seitz u. Wilhelm Starrmann. (Beitrag vom 08.01.23)
Dies ist das alte Schulfoto aus dem Besitz der Familie Meffert bzw. Hoffmann. Es zeigt die Jahrgänge 1888 bis 1891 und dürfte somit um 1899 aufgenommen worden sein. Das „Mefferts Hilda“ war eine unerschöpfliche Informationsquelle, erinnerte sich an etliche Namen der hier zu sehenden Schülerinnen und Schüler. Von links nach rechts sind jeweils zu sehen 1. Reihe: etwas abgeschnitten Christian Bierbrauer, Pauline Bay verh. Frohwein, Mina Schäfer verh. Kunz (Wenersch), ihre Schwester Luise Schäfer, Minna Göbler verh, Müller, ihre Cousine Anna Göbler, „Lenhards Futsch“ Tochter des früheren Besitzer des Gasthof Kasche, 7 Personen unbekannt, ganz rechts in der Reihe Hermann Wolff. 2. Reihe: 2 Personen unbekannt, die körperliche behinderte Sophie Katharina Lichtenthäler, 2 Personen unbekannt, Katharina Runkler verh. Keppel (Konrädches), …, Christine Schüler, Wilhelmine Meffert verh. Frohwein, ihre Schwester Bertha Meffert verh. Hoffmann, Lisette Frohn verh. Neitzert (Hammuns Settchen), ihre Schwester Luise Frohn verh. Siegel (Hammuns Wischen), Karoline Wieser aus Niederdreis, ihre Schwester Sophie Wieser verh. Klaas , Karoline Funk verh. Schuh (Fonks bzw. Kläfonks), … 3. Reihe: Wilhelm Schneider (Gruusschäfersch), sein Bruder Simon Schneider , …, Karl Bay, 9 Personen unbekannt. 4. Reihe: 2 Personen unbekannt, Emil Kuhl (Schlössersch), Wilhelm Löhr (Schoopittersch), …, Karl Becker (Sohn d. Lehrer Beckers), 7 Personen unbekannt. Zum Schluß sei ganz rechts Lehrer Philipp Becker erwähnt. Erkennen Sie weitere Personen auf dem Bild?

Lehrer Wilhelm Rüdig

Im April 1869 tritt der zuvor in Oberraden tätige Schullehrer Wilhelm Rüdig die frei werdende Lehrerstelle in Puderbach an. Neben seiner pädagogischen Tätigkeit bekommt er auch das Amt des Küsters, Glöckners und Organisten an der evangelischen Kirchengemeinde zugewiesen.

Das Amtsblatt der Preußischen Regierung zu Koblenz berichtet in seiner Ausgabe vom 15. April 1869 von dem personellen Wechsel an der Puderbacher Schule.

Lehrer Philipp Becker

Geboren wird Philipp Wilhelm Simon Becker, wie er mit ganzem Namen heißt, am 12. Januar 1839 in Puderbach als viertes Kind des Lehrers Joh. Wilhelm Becker und seiner Frau Kath. Philippine einer geborenen Kambeck. Sein Großvater Joh. Heinrich war bereits Kirchspiels-Präceptor in Raubach gewesen. So wundert es nicht das Philipp in die Fußstapfen seiner Vorfahren tritt. Nach seiner Ausbildung, die er u.a. von seinem Vater erhalten haben wird, nimmt er die frei werdende Lehrerstelle in Daufenbach an. Spätestens 1875 wechselt er dann an die Schule zu Puderbach und versieht hier den Schuldienst bis ins Jahr 1909. Angemerkt sei, daß sein Sohn Otto und dessen Frau Wilhelmine das Kaufhaus Becker an der Ecke Steimeler Straße/Hauptstraße begründen werden.

Bei dieser Aufnahme bin ich auf Ihre tatkräftige Hilfe angewiesen. Leider kenne ich bisher nur eine einzige Person auf dem Bild. In der hintersten Reihe ist die 4. Person von links der 1895 geborene Philipp Born (Muschender). Daher muß das Foto um 1901/02 entstanden sein. Ganz rechts Herr Philipp Becker, der bis ins Jahr 1909 als Lehrer in Puderbach tätig war.
Nachtrag: Ein weiterer Mitschüler konnte identifiziert werden. In der 2. Reihe als 5. von links sehen wir den am 30. November 1895 im Puderbacher Mühlendorf geborenen Simon Seitz. (Zusatz vom 23.03.2024)
Simon und Wilhelmine Scheiderer dürften sehr zufrieden mit den schulischen Leistungen ihres Sohnes Wilhelm gewesen sein. In allen Fächern seines Schulabschlußzeugnisses vom 20. März 1902 erhält er ein „gut“.
Da bis zur Gründung der Weimarer Republik die Kirche den Schulunterricht stark überwacht und kontrolliert, wundert es einen nicht, daß Fächer wie biblische Geschichte, Katechismus und Kirchenlied an erster Stelle stehen und das Pfarrer Mohn als Lokal-Schulinspektor das Zeugnis mit seiner Unterschrift verifiziert. (Beitrag vom 30. Oktober 2021)

Lehrer Anton Siegel

Nach der Pensionierung des Lehrer Becker übernimmt der 1858 in Anhausen geborene Anton Siegel die Hauptlehrerstelle. Von 1878 bis 1889 hatte dieser bereits die Lehrerstelle in Weroth verwaltet. 1890 folgte die Anstellung als Zweitlehrer in Puderbach. Neben seiner Lehrtätigkeit versieht er mit kleinen Unterbechungen das Amt des Organisten an der hiesigen Kirche. Seinen Ruhestand, den er 1923 antritt, kann er nicht mehr genießen, da er bereits am 25. Dezember 1924 verstirbt.

Um 1908 entsteht dieses wunderschöne Klassenfoto mit dem zu dieser Zeit als Zweitlehrer angestellten Anton Siegel. Die Schulkinder sind um 1901 bzw. 1902 geboren und neun von ihnen kann ich namentlich zuordnen. Da wäre mit der Nummer 1 Lydia Mahlert, die Mitte der 1920er Jahre den aus Lautzert stammenden Karl Born heiratete. Ihre Kinder, das „Mahlerts Martha“ und der „Mahlerts Erwin“ sind den meisten gebürtigen Puderbachern noch ein Begriff. Die Nummer 2 könnte Martha Aron verh. Wolff sein, der 1940 zusammen mit Mann und Tochter die Flucht vor den Nazis in die USA gelang. Bei der Nummer 3 könnte es sich mutmaßlich um Wilhelm Schmidt handeln, der 25jährig in der Reichensteiner Grube verunglückte. Die Nummer 4 ist Karoline Born verh. Klein, auch „Hoochspitterichs“ genannt, die mit ihrem Mann ins Ruhrgebiet verzog. Nummer 5 ist Otto Löhr von der Steimeler Straße. Die Familie wurde auch „Schoopittersch“ gerufen, da der Vater von Beruf Schumacher war. Bei der Nummer 6 in der hintersten Reihe handelt es sich um Paul Born. Der „Muschender Paul“ blieb unverheiratet und verbrachte seinen Lebensabend im Haus seiner Eltern in der Schulstraße. Bei der Nummer 7 handelt es sich um den viel zu früh verstorbenen Sohn der Stricklehrerin Katharina Träger. Emil starb mit gerade einmal 15 Jahren an einer Krebserkrankung. Nummer 8 könnte Hildegard Lieske verh. Müller sein. Der Vater stammte aus Gräfrath bei Solingen und war für kurze Zeit Lehrer in der Puderbacher Gegend. Und dann haben wir die Nummer 9, den „Chrisjes Karl“, Sohn des Landwirts Philipp Blum. Er lebte später in der Gegend der Gierenderhöhe. Doch wer sind die anderen Kinder auf diesem Schulfoto? Erkennen Sie ihren eigenen Angehörigen? Über ihre Mithilfe bei der weiteren Zuordnung würde ich mich sehr freuen! (Beitrag vom 30.01.2023)
Auf dieser Karte von Puderbach, die im August 1900 verschickt wurde, teilt Karl, der Sohn des Lehrers Anton Siegel, der Familie mit, daß er erfolgreich die Prüfung für die Präparandenschule bestanden hat. Diese Präparandenanstalten bildeten junge Männer zu Volksschullehrern aus. Wie er schreibt, begann der Schulunterricht am 12. September desselben Jahres.
Anekdote

Sicherlich hatten unter der Strenge und den Züchtigungen des Lehrer Siegels alle Schulkinder zu leiden, besonders aber der kleinwüchsige Gustav Bär. Wenn später die Dorfbewohner den „Heims Gustav“ scherzhaft ansprachen und meinten, die Puderbacher Schule stünde in Flammen, meinte er nur trocken: „Was nützt das, wenn der Siegel nicht drin ist!“

Zeugnisheft der Mina Born

Geboren wurde Mina am 27. Mai 1892 als 3. Kind des früh verstorbenen Ackerers Christian Born und seiner Ehefrau Sophie. Da sie unverheiratet blieb und sich ihren Lebensunterhalt selbst verdienen mußte, führte sie im Haus der Mutter an der Steimeler Straße ein Lebensmittelgeschäft. Viele Jahrzehnte stand sie hinter der Theke ihres kleinen Ladens, mit zunehmenden Alter tatkräftig unterstützt von Frau Schmidt, der Ehefrau ihres Neffen. Am 10. April 1972 verstarb sie mit knapp 80 Jahren.

Mein Dank geht an dieser Stelle an vorgenannte Frau Schmidt, „dat Herwetspittersch Anneliese“, die so freundlich war, das Zeugnisheft ihrer Anverwandten zur Verfügung zu stellen. (Beitrag vom 25.08.2024)

Die erste Seite des Zeugnisheftes. Neben Vor- und Zuname, Geburtsdatum und Geburtsort, Konfession und Name und Beruf des Vaters nennt das Dokument den Tag der Einschulung der kleinen Mina, den 18. April 1898. Wenn ich es recht verstehe, so wurden die Kinder in den ersten anderthalb Jahren nicht benotet. Erst am Ende der 2. Klasse bewertete man das Allgemeinwissen der Schülerinnen und Schüler in Biblischer Geschichte, Katechismus und Kirchenlied, in Rechnen und Lesen, sowie in Gesang und Schönschreiben.
„Dieses Heft ist Eigentum der Schule und wird den Eltern oder Angehörigen des Kindes nur zur Kenntnis und Eintragung der Namensunterschrift vorgelegt, worauf es an die Schule zurückzugeben ist. Vorsätzliche und rechtswidrige Beschädigung oder Zerstörung wird nach Paragraph 303 des Strafgesetzbuches geahndet.“ So beschriftet der 61jährige Lehrer Becker die erste Seite des Zeugnisheftes. Er macht Kindern wie Eltern deutlich, daß der unachtsame Umgang mit dem im Schuleigentum befindlichen Büchlein schwerwiegende Konsequenzen hätte.
Hier sehen wir nun die ersten Noten, die die kleine Mina im 2. Halbjahr der zweiten Unterklasse bekommen hat. Alle unterrichteten Fächer besteht die Siebenjährige mit guten Noten. Ihre Singstimme muß besonders schön gewesen sein, denn Lehrer Siegel belohnt das Mädchen mit einer „sehr gut“.
Anderthalb Jahre später sind die Fächer Aufsatz, Rechtschreiben, Geographie und Zeichnen dazugekommen. Auch hier kann Mina gute Noten vorweisen. Nur der Bereich Erdkunde scheint ihr nicht besonders gelegen zu haben. Nur „genügend“ stuft Lehrer Siegel das Wissen der Schülerin ein.
Hat bei dem obigen Zeugnis die Mutter Sophie das Dokument unterzeichnet, so ist es diesmal der Vater Christian, der seine Unterschrift unter das Schriftstück setzt.
Mit dem Übergang zur Oberklasse findet auch ein Lehrerwechsel statt. Lehrer Philipp Becker ist es nun, der den Schülerinnen und Schülern das Wissen bis zum Schulabgang weitergibt.
Ich weiß aus eigener, leidvoller Erfahrung, was solch ein Wechsel für einen jungen Menschen bedeutet. Auf einmal ist man einer völlig anderen Persönlichkeit gegenübergestellt, die den Unterricht abweichend gestaltet und das vorausgesetzte Allgemeinwissen anders einschätzt. So wundert es nicht, daß die Noten in vielen Fächern auf ein „genügend“ abrutschen.
Vielleicht aber sind die schlechteren Zeugnisnoten auch ein Spiegel für die privaten Unbilden des Mädchens und ihrer Familie. Am 27. Mai 1902 war der Vater verstorben und hatte die Mutter Sophie und die fünf minderjährigen Kinder mit all den Nöten und Sorgen des Alltags zurückgelassen.
Bis zum Abschlußjahr im September 1905 hatte sich das junge Mädchen wieder gefangen und voller Stolz kann die Mutter auf ein durchgehend gutes Zeugnis schauen.

Die Puderbacher Schulklassen um 1919

Um 1919 versammeln sich die Schülerinnen und Schüler der Jahrgänge 1906 bis 1909 mit ihrem Hauptlehrer Anton Siegel für den Fotografen vor dem Gebäude der alten Schule. Von links nach rechts sind jeweils zu sehen: 1. Reihe Willi/Wilhelm Letschert a. Niederdreis, Willi/Wilhelm Spies, Wilhelm Hoffmann a. Niederdreis, Hugo Buscher und Willi/Wilhelm Rodenbach a. Niederdreis. 2. Reihe Emilie Funk, mglw. Hertha Aron, Sabine Kurz a. Niederdreis, Karoline Schäfer, Hilde Udert, Auguste Staatsmann, Klara Reinhard, Emilie Leis a. Niederdreis, Karoline Kuhl, Johanna Kraus verh. Dills, Anna Born und Hilde Heydorn a. Niederdreis. 3. Reihe Carola Schneider, Anna Schmidt verh. Barth, …, Luise Blum, …, Lehrer Siegel, Else Staatsmann, Toni Schneider verh. Schäfer, Marie Louise Dorr, Hilde Born, Anna Brauer und Rosa Blum 4. Reihe Friedrich Kuhl, Gustav Schneider, Kurt Staatsmann, Alfred Spies, Emil Seitz, Albert Schneider, Werner o. Otto Dorr, Walter Spies, Rudi Holderer a. Niederdreis, August Frohn und Egon Hülpüsch. 5. Reihe mglw. Karl Noll, Willi Scharfenstein, Friedrich Buscher, Karl Oettgen, Emil Schneider, Emil Schmidt, Ewald Blum, Otto Hehn, Werner Dorr, … und Emil Runkler.
Vermutlich zum gleichen Zeitpunkt wie oben entsteht die Aufnahme der Jahrgänge 1910 bis 1913 mit dem Zweitlehrer Ludwig Abresch. Von links nach rechts sind jeweils zu sehen: 1. Reihe Hildegard Funk verh. Runkel, Emil Born, Karl Runkler, Erich Udert, Erwin Blum, Erich Noll, Otto Born, Paul Scharfenstein und Elli Hoffmann verh. Laaks. 2. Reihe Else Funk verh. Schneider, …, Ida Kuhl verh. Velten, Anna Kuhl verh. Klaas, Emma Buscher, Hilde Kurz a. Niederdreis, …, Erna Weingarten verh. Engfer, Luise Kurz a. Niederdreis, Lina Letschert a. Niederdreis, Irene Bär, Elisabeth Becker verh. Gabel, Inge Hülpüsch, Emma Hörder und Käthe Velten verh. Projahn. 3. Reihe Frieda Starrmann a. Niederdreis, Leni Göbler a. Niederdreis, Laura Deneu verh. Kuhl, Rosa Hottgenroth, Irene Scharfenstein, Lina Funk, Charlotte Kambeck, Hertha Wieser a. Niederdreis, Mina Schäfer, Klara Hachenberg, Frieda Blum, Hilda Velten, Else Puderbach verh. Faust, Bertha Brauer verh. Hoffmann, Hedwig Schäfer und Margarethe Born verh. Velten. 4. Reihe Alfred Spies, Paul Starrmann a. Niederdreis, Richard Becker, Willi Hörder, Karl Göbler, Ludwig Aron, Lehrer Abresch, Otto Bachenberg, Wilhelm Born, Willi Schneider, Eugen Wippenbeck, Karl Leis a. Niederdreis und August Laquet. 5. Reihe Friedrich Blum, Hans Heydorn a. Niederdreis, Willi Hachenberg, Paul Noll, Paul Velten, Christian Marth, Paul Blum, Erich Mayer, Otto Deneu, …, Ernst Funk und Alfred Bachenberg.
Die dritte Aufnahme, die um das Jahr 1919 entstanden ist, zeigt die Jahrgänge 1912 bis 1914 und somit die jüngsten Schülerinnen und Schüler der Puderbacher Volksschule. Von links nach rechts sind zu sehen: 1. Reihe Paula Runkler, Hilde Hoffmann verh. Vierkötter, Emma Weingarten verh. Frauzem, Else Klaas a. Niederdreis, …, Hildegard Funk verh. Runkel, Hermann Letschert a. Niederdreis, Johanna Göbler a. Niederdreis, Erna Rafflenbeul verh. Nies, Hertha Wieser a. Niederdreis, Alwine Schneider (Cousine v. Hilde Hoffmann) und Lieschen Hütt a. Niederdreis. 2. Reihe Frieda Runkler, Erna Weingarten verh. Engfer, Erna Klaas verh. Schneider, Ilse Bär verh. Schay, Else Funk verh. Schneider, Frieder Koch, Karoline Schmidt, Luise Runkler verh. Velten, Erna Bierbrauer verh. Schmidt, Frieda Eich und Gertrud Dörper (ein Waisenkind, das von der Familie Dörper angenommen wurde). 3. Reihe Ludwig Aron, Willi Hörder, Erich Noll, Erwin Blum, Werner Bald, Karl Schäfer, Emil Born, Paul Scharfenstein und Wilhelm Starrmann. 4. Reihe Emil Seitz, …, Paul Schneider, Willi Velten, Alfred Schuh, …, Alfred Dorr, Helmut Nies und Otto Born.
Mit der kleinen Hilde Hoffmann hatte sich ein Kind aufs Bild geschmuggelt, das zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht eingeschult war. (Beitrag vom 18.01.2022)

Lehrer Abresch, Zimmermann und Fräulein Kölb

Neben Anton Siegel stellt die Gemeinde zu Beginn der 1920er Jahre den vermutlich aus der Dierdorfer Gegend stammenden Ludwig Abresch als Zweitlehrer ein. 1922 kommt dann als dritte Lehrkraft die am 19. April 1889 in Woldert geborene Lina Kölb dazu. Ihre didaktische Ausbildung wird sie an einer Lehranstalt wie dem Lehrerinnenseminar in Koblenz erhalten haben.

Das Lehrerinnenzölibat

Für Frauen der damaligen Zeit bedeutet der Entschluß, Lehrerin zu werden, den generellen Verzicht auf Ehe und Familie, denn bereits 1880 führt man im Kaiserreich das sogenannte „Lehrerinnenzölibat“ ein. Die rechtliche Regelung verbietet den weiblichen Unterrichtskräften die Eheschließung, da man ihnen nicht zutraut, der Doppeltbelastung durch Beruf und Familie gewachsen zu sein. Bei Zuwiderhandlung droht man ihnen mit der Kündigung bzw. mit dem Verlust des Ruhegehalts. Mit der Weimarer Republik 1918 wird der diskriminierende Paragraph zunächst gestrichen, um ihn 1923 in veränderter Form wieder einzuführen. Die „Personalabbauverordnung“ erlaubt die Entlassung verheirateter Beamtinnen, um in wirtschaftlich schlechten Zeiten, Stellen für Männer zu schaffen. Erst ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 10. Mai 1957 erklärt eine Zölibatsklausel in Arbeitsverträgen generell für verfassungswidrig und damit nichtig. Für das „Fräulein“ Kölb kommt diese Regelung zu spät.

Um 1924 entsteht diese Aufnahme, die die Schulkinder aus dem Puderbacher Kirchdorf zeigt. Von links nach rechts sind zu sehen 1. Reihe: Lehrer Friedrich Zimmermann, Ida Neuer, Willi Hörder, Walter Kuhl, Theo Neuer, Paul Udert, Walter Schuh, Werner Kunz, Martha Staatsmann, Erwin Aron, Hedwig Udert verh. Hering, Wilhelm Schmidt, Erich Udert u. Else Puderbach verh. Faust. 2. Reihe: Christian Neuer, Elfriede Funk verh. Kürlbaum bzw. Berndt, Hildegard Funk verh. Runkel, hinten Else Funk verh. Schneider, vorne Erna Born verh. Spies, hinten Elli Hoffmann verh. Laaks, vorne Hilde Hoffmann verh. Vierkötter, hinten Erna Weingarten verh. Engfer, vorne Emma Weingarten verh. Frauzem, hinten Ida Kuhl verh. Velten, vorne Anna Kuhl verh. Klaas, hinten Laura Deneu verh. Kuhl, vorne Käthe Velten verh. Projahn, hinten Karoline Schmidt, vorne Martha Schmidt, Mathilde Neuer, Johanna Iskenius verh. Leis, Werner Bald, Mina Schäfer, hinten Erna Schäfer verh. Pistorius und vorne Lehrerin Lina Kölb. 3. Reihe: Kurt Bär, Karl Schäfer, Lehrer Ludwig Abresch, Alfred Schuh, Paul Schneider, Otto Born, Emil Born, Kurt Dills, Otto Bachenberg, Paul Puderbach und Wilhelm Born.

Vermutlich mit der Pensionierung von Anton Siegel im Jahr 1923 wird der musisch begabte Lehrer Friedrich Zimmermann eingestellt. Möglicherweise stammt er wie fast alle Dorfschullehrer Puderbachs aus der näheren Umgebung. Neben seiner Lehrertätigkeit leitet er den Chor der Evangelischen Kirchengemeinde sowie den Männergesangverein „Liedertafel“.

Hier das Pedant zur Fotografie oben. Hier sieht man mit den drei Dorflehrern die Schulkinder des sogenannten Mühlendorfs. Von links nach rechts sind zu sehen / vorne sitzend: Erna Bierbrauer verh. Schmidt, Luise Runkler verh. Velten, vorne Fritz Velten, daneben Wilhelm Velten, hinten Alfred Dorr, daneben Lehrer Ludwig Abresch, vorne Herbert Scheiderer, daneben Emil Neitzert, hinten Hans Hülpüsch, daneben Johanna Becker verh. Besenhard, vorne Otto Becker, daneben Heinrich Göbler, hinten Lehrer Friedrich Zimmermann, Willi Heinrichs, vorne Karl Spies, daneben Heini Blum, hinten Hermine Blum, Lehrerin Lina Kölb, Maria Runkler und vorne Karl Blum. Stehend: Paula Runkler, Maria Zimmermann, Inge Hülpüsch, Elisabeth Becker verh. Gabel, Hilda Löhr verh. Langhardt bzw. Deneu, Wilhelm Bierbrauer, Karl Göbler, Paul Blum, vorne Klara Blum, Willi Hachenberg, Paul Scharfenstein, Erich Noll, Erwin Blum, Wilhelm Spies, Helmut Nies und Frieda Runkler.

Die Handarbeitslehrerin Katharina Träger geb. Sommer

Eine meiner Lieblingsgeschichten, die mir meine Großmutter aus ihrer bewegten Kindheit erzählte, ist die über die Stickarbeit auf einem Stück Stramin, die sie für ihre Handarbeitslehrerin Frau Katharina Träger, das sogenannte „Trägersch Trin“, erledigen mußte. Damals war meine Oma sehr eng mit dem Nachbarsmädchen Else Funk befreundet gewesen und besuchte sie regelmäßig in ihrem Haus. Hier ging es immer trubelig zu, da Else etliche kleinere Geschwister hatte. Nun saßen die beiden zusammen und waren mit der Fertigstellung ihrer Hausaufgabe beschäftigt, da fiel meiner Großmutter die Stickerei aus der Hand und auf den Fußboden. Wie es das Pech so wollte, hatte gerade an dieser Stelle eines der kleinsten „Fonks“-Geschwister eine „Pfütze“ hinterlassen. Alle Versuche, daß Stramin von dem Unrat zu befreien, blieben erfolglos. Wie die Stricklehrerin auf die nicht abgegebene Handarbeit reagiert hat, ist nicht überliefert.

Die Handarbeitslehrerin Katharina Träger geb. Sommer um das Jahr 1920. Eine spezielle Ausbildung für ihre Tätigkeit als Lehrkraft war nicht von Nöten. Ihre Fingerfertigkeit und ihr Können im Stricken, Sticken, Häkeln und Nähen sprachen für sich. 38 Jahre lang hat sie die kleinen Mädchen Puderbachs und der umliegenden Dörfer Reichenstein, Raubach und Elgert unterrichtet. (Beitrag vom 4. November 2021)
100. Geburtstag

Schon als Katharina Träger am 17. Mai 1970 ihren 99. Geburtstag feiert, ist sie die älteste Bürgerin des Kirchspiels Puderbach und der Neuwieder Zeitung ist ihr hohes Alter ein Zeitungsbeitrag wert. In dem Artikel heißt es:

„…Obwohl in der heutigen Zeit die Lebenserwartung ständig zunimmt, ist ein 99. Geburtstag gewiß kein alltägliches Ereignis. Die alte Dame ist von einer bemerkenswerten körperlichen und geistigen Frische, die es ihr ermöglicht, in diesem Alter nur mit einer Putzhilfe ihren eigenen kleinen Haushalt selbst versorgen zu können. Sogar die Holzspänchen zum Feueranmachen macht sie sich selbst. Einwände ihrer Verwandten und Nachbarn, in ihrem Alter hantiere man nicht mehr mit dem Beil, wehrt sie mit dem Hinweis ab, sie könne unmöglich den lieben langen Tag untätig im Sessel verbringen. Ein Grund zur Klage für sie ist eine Verringerung des Sehvermögens, weil sie nicht mehr stricken und häkeln kann…“

Ein Jahr später feiert sie immer noch munter und lebensfroh ihren 100. Geburtstag.

Katharina Träger an ihrem 100. Geburtstag. Sie wirkt für ihr hohes Alter immer noch agil und heiter. Schon seit den 1920er Jahren leidet sie unter einer vergrößerten Schilddrüse, in der Alltagssprache auch als Kropf bekannt, die man ganz deutlich als Schwellung an ihrem linken Hals erkennen kann. (Beitrag vom 4. November 2021)

Fortsetzung folgt…

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